OGH zur Frage der Rechte-Einräumung bei „Individual-Programmierungen“

19.08.2015

Der Oberste Gerichtshof hat in einem Beschluss im Provisorialverfahren [Link] die „Zweifelsfrage“ zur Rechteeinräumung bei „Individualsoftware“ beantwortet, nämlich im Zweifel ist damit kein (ausschließliches) Werknutzungsrecht und auch kein Bearbeitungsrecht verbunden.

Verkürzt lag folgender (bescheinigter) Sachverhalt zugrunde: Die klagende Partei programmierte ab Februar 2003 für einen Kunden ein elektronisches Datenbankprogramm für die Auftragsverwaltung mit dem Namen „OAP“ [gekürzt], und entwickelte dieses bis 2013 ständig weiter. Das Programm basierte auf einem proprietären Datenbanksystem. Eine Vereinbarung über (uneingeschränktes) Werknutzungsrecht und / oder Bearbeitungsrecht wurde nicht bescheinigt.

Rechtlich folgte (vereinfacht): Auf die freie Werknutzung von Computerprogrammen zur Anpassung an Nutzer-Bedürfnisse (§ 40d Abs 2 UrhG) musste der OGH nicht eingehen, weil sich der Beklagte nicht darauf berufen hat, sodass diese auch nicht näher zu prüfen war (4 Ob 35/05h). Der Beklagte erachtete es vielmehr als „geradezu absurd“, dass bei Kunden-Investionen von ca EUR 1 Mio über 10 Jahre (Weiter)Entwicklungszeit kein (uneingeschränktes) Werknutzungsrecht und kein Bearbeitungsrecht eingeräumt worden sei.

Der OGH sprach dazu aus: „Auch das Argument […], es handle sich beim Programm um eine Individualsoftware, reicht nicht hin, um allein daraus ein unbeschränktes Werknutzungsrecht bzw die Befugnis […] zur umfassenden Weiterentwicklung und Bearbeitung abzuleiten. Eine solche Software liegt dann vor, wenn sie bislang nicht existierte und auftragsgemäß an die Bedürfnisse des Bestellers angepasst hergestellt wurde (vgl 9 Ob 81/04h). Ginge man davon aus, dass der Erwerb einer Individualsoftware stets ein unbeschränktes Werknutzungsrecht des Nutzers zur Folge hat, hätte dies zur Konsequenz, dass die Sondervorschriften für Computerprogramme (§§ 40a ff UrhG) sich ausschließlich auf Standardsoftware beziehen. Ein derartiges Auslegungsergebnis entspricht aber weder dem Wortlaut noch dem Gesetzeszweck dieser Bestimmungen und kann auch nicht aus der ihnen zugrunde liegenden Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen abgeleitet werden. Diese Bestimmungen sind vielmehr von einem Ausgleich der Interessen des Urheberberechtigten mit jenen des berechtigten Nutzers geprägt [Hinweise auf österr und dt Literatur]. Ein solcher Interessensausgleich wäre aber nicht mehr möglich, würde man sich der Rechtsansicht im Rechtsmittel anschließen [nämlich, dass Individualprogrammierungen stets zum Werknutzungsrecht führe].“

Die Moral von dieser Geschichte: Gute Vereinbarungen (über IP-Rechte) sind ihr Geld wohl immer wert – allein schon um Streit möglichst zu verhindern!

 

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