Lehrerbewertungs-App mit „Sterne“-Bewertungen zulässig

01.03.2022

Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit von Schülerinnen und Schülern schützen auch anonym abgegebene Bewertungen. Ebenso geschützt ist die Veröffentlichung des Namens und der Durchschnittsbewertungen eines Lehrers.

Gegenstand des Verfahrens war eine App zur Bewertung von Schulen und Lehrern. Nutzer können einen bis fünf Sterne in mehreren Kategorien vergeben (Unterricht, Fairness, Respekt, Motivationsfähigkeit, Geduld, Vorbereitung, Durchsetzungsfähigkeit und Pünktlichkeit). Um eine Bewertung abzugeben, müssen sie sich mit einer Mobiltelefonnummer, aber nicht mit ihrem Namen registrieren. In der App werden die Durchschnittsbewertungen zu den einzelnen Lehrerinnen und Lehrern angezeigt.

Ein Lehrer klagte auf die Unterlassung der Datenverarbeitung und auf Löschung seines Namens und seiner Bewertungen aus der App.

Das Gericht erster Instanz wies die Klage ab. Das Berufungsgericht gab dem Kläger teilweise Recht. Es erlaubte die Datenverarbeitung (die Bewertung und Veröffentlichung) nur, soweit sichergestellt sei, dass der Kläger nur von Personen bewertet wird, die er auch wirklich unterrichtet bzw unterrichtete.

Der OGH bestätigte am 2. 2. 2022 (6Ob129/21w)  diese Einschränkung nicht, sondern erlaubte die Datenverarbeitung (Bewertung und Veröffentlichung).

Er führte eine Abwägung zwischen den Grundrechten des Klägers auf Datenschutz, Privatsphäre, Anonymität, Ehre und guten Ruf und dem Grundrecht auf Meinungsäußerung und Informationsfreiheit der App-Betreiberin und der App-Nutzer durch. Dabei war wichtig, dass es bei der Bewertungs-App um die Berufsausübung ging, weil bei der Berufsausübung ein geringerer Schutz vor öffentlichen Äußerungen besteht als bei der Privatsphäre.

Der OGH erkannte das Problem, dass die App gewisse Missbrauchsmöglichkeiten nicht verhindert. Beispielsweise können Personen, die einen Lehrer gar nicht kennen, Bewertungen abgeben. Ein solcher Missbrauch könnte nur durch eine namentliche Registrierung der User vermieden werden. Das würde aber die Meinungsäußerungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler einschränken, weil sie sich davon abhalten lassen könnten, überhaupt eine Bewertung abzugeben. Der OGH gewichtete die Einschränkung der Rechte des Klägers durch die Missbrauchsmöglichkeit weniger schwer als die Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit, die eintreten würde, wenn sich die Nutzer namentlich registrieren müssten oder wenn eine solche App überhaupt nicht betrieben werden dürfte.

Im Verfahren war die Datenverarbeitung in der konkreten App zu beurteilen. Bei anders gestalteten Bewertungsplattformen könnte ein Verfahren auch anders ausgehen.

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