Kartell-Urteil des EuGH zu Citalopram

14.04.2021

Geldbuße von 150 Millionen Euro bestätigt

Seit Ende der 1970er Jahre hat das Pharmaunternehmen Lundbeck ein Antidepressivum mit dem Wirkstoff Citalopram entwickelt und patentieren lassen. Nach Ablauf seines Grundpatents an diesem Molekül hielt Lundbeck nur mehr Sekundärpatente, die eingeschränkteren Schutz gewährten. Hersteller von Generika von Citalopram konnten daher einen Markteintritt in Erwägung ziehen.

2002 schloss Lundbeck Vereinbarungen mit Generika-Herstellern. Als Gegenleistung für die Verpflichtung der Generikaunternehmen, nicht in den Markt von Citalopram einzutreten, gewährte ihnen Lundbeck hohe Zahlungen und kaufte insbesondere ihre Generikavorräte auf. Im Oktober 2003 wurde die Kommission von der dänischen Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde über diese Vereinbarungen unterrichtet.

Die Kommission stellte fest, dass Lundbeck und die betroffenen Generikahersteller zumindest potenzielle Wettbewerber seien und dass die streitigen Vereinbarungen „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkungen darstellten. Die Beträge, die von Lundbeck zur Verhinderung des Eintritts dieser Hersteller in den Markt für Citalopram gezahlt wurden, entsprächen ungefähr den Gewinnen, die sie bei einem erfolgreichen Markteintritt hätten erzielen können.

Die Kommission verhängte daher Gesamtgeldbußen in Höhe von 93,7 Millionen Euro gegen Lundbeck und von 52,2 Millionen Euro gegen die Generikahersteller. Die Klagen dagegen wurden abgewiesen und nun auch die Rechtsmittel.

Mit Urteilen vom 25. 3. 2021 (C-585/16P, 588/16P, C-601/16P, C-611/16 P, C-614/16P) bestätigte der EuGH die Beurteilung der Kommission. Es brauche nicht festgestellt zu werden, dass das Unternehmen tatsächlich in den betreffenden Markt eintreten wird, oder gar, dass es sich in der Folge auf dem Markt behaupten kann. Sind solche Vereinbarungen im Kontext der Öffnung des Markts für ein Arzneimittel, das einen seit Kurzem gemeinfreien Wirkstoff enthält, geschlossen worden, sei zu prüfen, ob der Generikahersteller nachweislich fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten, und dem nicht unüberwindliche Schranken entgegenstehen. Speziell zu der Beurteilung der Frage, ob unüberwindliche Marktzutrittsschranken bestehen, weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein Patent für sich genommen keine unüberwindliche Schranke darstellt. Folglich steht dieses Patent für sich genommen der Einstufung des Generikaherstellers als potenzieller Wettbewerber des Herstellers des Originalpräparats nicht entgegen, sofern der Generikahersteller fest entschlossen und aus eigener Kraft in der Lage ist, in den Markt einzutreten, und, wie seine Maßnahmen zeigen, bereit ist, das Patent anzufechten und sich beim Eintritt in den Markt einer Verletzungsklage des Patentinhabers auszusetzen.

Die Wettbewerbsbehörde habe nicht zu prüfen, wie stark das Patent ist oder wie wahrscheinlich es ist, dass in einem Rechtsstreit zwischen dem Patentinhaber und einem Generikahersteller festgestellt wird, dass das Patent gültig ist oder verletzt worden ist.

Solche Vereinbarungen seien als „bezweckte Beschränkung“ einzustufen, wenn sich ergibt, dass sich die Wertübertragungen vom Originalhersteller an die Generikahersteller allein durch das gemeinsame geschäftliche Interesse der Beteiligten an der Vermeidung von Leistungswettbewerb erklären lassen. Es ist in jedem Einzelfall zu bestimmen, ob der positive Nettosaldo der übertragenen Werte hoch genug ist, um die Generikahersteller tatsächlich dazu zu veranlassen, vom Eintritt in den Markt abzusehen und nicht mit dem Hersteller des Originalpräparats in Leistungswettbewerb zu treten. Dieser Nettosaldo muss nicht unbedingt höher sein als die Gewinne, die der Generikahersteller erzielt hätte, wenn er im Patentrechtsstreit obsiegt hätte.

Der EuGH stellt klar, dass es für die Einstufung von Vereinbarungen als bezweckte Beschränkung nicht darauf ankommt, ob die Parteien der Vereinbarung potenzielle Wettbewerber waren, wie stark die in Rede stehenden Verfahrenspatente waren und welche Erfolgsaussichten die eine oder andere Partei der Vereinbarung hatte, wenn die Wertübertragungen hoch genug sind.

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