Das Genschere-Urteil des EuGH

06.08.2018

Ist Gentechnik gleich Gentechnik? In etwa diese Frage stellte der französische Staatsrat aufgrund einer Klage eines Landwirtschaftsverbandes dem EuGH. Der hat daraufhin am 25.7.2018 entschieden, dass Pflanzen, die per gezielter Mutagenese gezüchtet wurden, denselben strengen Regeln unterliegen, wie Organismen, die per Transgenese gentechnisch verändert wurden.

Jeder Pflanzenzüchter hat das Ziel, die Genetik einer Pflanze zu beeinflussen, um vorteilhafte Eigenschaften zu erzeugen, etwa die Unempfindlichkeit gegenüber Trockenheit oder Pestiziden.  Unterschiedlich sind die Verfahren, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll. Während in der konventionellen Pflanzenzüchtung auf natürliche oder ungerichtete Mutagenese zurückgegriffen wird, nutzt die moderne Pflanzenzüchtung gezielte, technisch beschreibbare und wiederholbare Verfahren.

Gezielte Mutagenese – besser bekannt als Genschere-Verfahren Crispr/Cas9 – ist ein Verfahren, bei welchem das Erbgut von Lebewesen gezielt verändert wird. Die Genschere unterscheidet sich einerseits von Züchtungsverfahren, bei welchen Mutationen ungezielt durch chemische Behandlung oder Bestrahlung verändert werden und andererseits von der Transgenese, bei welcher fremdes Erbgut in einen lebenden Organismus eingebracht wird.

In der Richtlinie 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt wird festgelegt, dass „gentechnisch veränderte Organismen (GVO)“ nur unter bestimmten, strengen Auflagen freigesetzt und in Verkehr gebracht werden dürfen. Es bedarf einer behördlichen Zulassung, Kennzeichnung, Umweltverträglichkeitsprüfung, Überwachung und Rückverfolgbarkeit.

Einerseits werden „genetisch veränderte Organismen (GVO)“ in der Richtlinie definiert als Organismen (mit Ausnahme des Menschen), deren genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist. Andererseits nennt Anhang I B der Richtlinie die Mutagenese ausdrücklich als ein „Verfahren der genetischen Veränderung, aus dem Organismen hervorgehen, die von der Richtlinie auszuschließen sind“. Auf den ersten Blick (und auch auf den zweiten) könnte man also annehmen, dass die Mutagenese von der Anwendung der Richtlinie zu GVO ausgenommen ist.

Im Urteil C-528/16 stellte der EuGH entgegen der Meinung des Generalanwaltes fest, dass durch Mutagenese gewonnene Organismen auch gentechnisch veränderte Organismen im Sinne der Richtlinie 2001/18/EG sind, weil durch die Verfahren und Methoden der Mutagenese eine auf natürliche Weise nicht mögliche Veränderung am genetischen Material eines Organismus vorgenommen wird. Die Ausnahme zur Mutagenese sei eng auszulegen und betreffe gemäß Erwägungsgrund 17 der Richtlinie nur solche Verfahren, die seit langem angewandt wurden und als sicher gelten.

Im Weiteren sprach der EuGH aus, dass durch Mutagnese genetisch veränderte Sorten auch die Voraussetzungen der EG-Richtlinie 2002/53 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten erfüllen müssten. Eine genetisch veränderte Sorte darf danach nur dann zugelassen werden, wenn alle entsprechenden Maßnahmen getroffen wurden, um nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu vermeiden.

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