Arzneimittel oder dietätisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke?

Für den Kläger war die Antwort klar: Er vertreibt selbst ein (zugelassenes) Arzneimittel zur Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne. Demgemäß störte er sich daran, dass der Beklagte ein Produkt namens „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ als „Diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diät). Zur diätetischen Behandlung von Migräne und starker Kopfschmerzen (zur Reduktion von Intensität und Häufigkeit) sowie von seelischen Verstimmungszuständen.“ vertrieb und sogar noch ausdrücklich zur Reduzierung der „Intensität und Häufigkeit von Migräne“ bewarb, zB so:

onmibiotic

Der Beklagte ersparte sich so die Einhaltung der strengeren (und damit teureren) Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und insbesondere die Zulassung als Arzneimittel.

Wenig überraschend erkannten die Gerichte, dass dies eine Werbung mit Arzneimittelwirkung darstellte, welche „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ zu einem Präsentationsarzneimittel machte, dem allerdings die Zulassung fehlte. Sie verboten dem Beklagten daher derartige Werbung.

Die Unterinstanzen verneinten zunächst, dass auch die Bezeichnung „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ das Produkt zum zulassungspflichtigen (Präsentation-) Arzneimittel machte. Dem konnte derOGH aber nicht folgen. Er bejahte das aber nun in seiner Entscheidung 4Ob117/16h vom 25.10.2016:

Die Klägerin rügte zu Recht, dass bereits der Produktname „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ auf eine Arzneimittelwirkung hinweist, weil er suggeriert, das Präparat habe eine heilende oder lindernde Wirkung im Bezug auf diese mit dem Produktnamen eindeutig angesprochene Erkrankung.

Der Durchschnittsverbraucher versteht „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ – unabhängig von der Schreibweise des Wortes Migräne abwechselnd mit Groß- und Kleinbuchstaben – im Zusammenhang mit der Darreichungsform als Brause und dem Apothekervertrieb als Produkt, das Migräne oder allgemein Kopfschmerzen entgegen wirkt. Dieses Verständnis wird noch unterstützt durch den abgebildeten Kopf mit einer stilisierten Gewitterwolke, welche Abbildung zusätzlich auf einen heilenden oder lindernden Effekt hinweist. Damit erweckt die konkrete Produktbezeichnung zumindest schlüssig den Eindruck einer heilenden Wirkung.

Der OGH verbot folglich auch den Produktnamen „OMNi-BiOTiC MIGRAene“ solange keine Arzneimittelzulassung vorliegt.

Damit bringt er weitere Klarheit in die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und diätetische Lebensmittel. Klar gestellt ist damit auch, dass Marken nicht geeignet sind, das Arzneimittelgesetz zu umgehen und nicht nur bei der Bewerbung, sondern auch bei der Markenfindung von Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln besondere Vorsicht geboten ist, um nicht in den Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes zu geraten, denn sonst könnte es sein, dass ein mit viel Einsatz gelaunchtes Produkt zurückgezogen und umbenannt werden müsste.